Dienstag, 26. Dezember 2017

Fanhilfe Hannover leitet Schritte gegen erfolgte Telefonüberwachung und Observation von Fußballfans ein

In den vergangenen Tagen hat die Fanhilfe Hannover Kenntnis darüber erlangt, dass mindestens neun Personen der Fanszene im Rahmen des Derby-Rückspiels im April 2017 rund eine Woche lang auf ihren privaten Telefonnummern abgehört und/oder verdeckt observiert wurden. Grundlage hierfür sollen vermeintliche Erkenntnisse gewesen sein, dass diese Personen in die konkrete Planung bzw. Verabredung einer angeblichen Auseinandersetzung mit gegnerischen Fans beteiligt gewesen seien.

Eine solche Überwachung stellt einen massiven Eingriff in die Grundrechte und die Privatsphäre der Betroffenen dar. Die Fanhilfe Hannover kritisiert diese Maßnahmen daher scharf und fordert die Polizeidirektion Hannover auf, endlich wieder verhältnismäßig zu agieren. Nur so besteht die Chance, dass sich das Verhältnis von Fußballfans und Polizei irgendwann wieder verbessert. Offenkundig besteht auf Seiten der Polizei allerdings ausschließlich das Ziel, die bestehenden Gräben zu vertiefen.
 
Die Überwachung hat offensichtlich zu keinen Erkenntnissen geführt. So gibt es weder Berichterstattung über eine verhinderte Auseinandersetzung, noch sind nach bisherigem Kenntnisstand entsprechende Ermittlungsverfahren gegen die Betroffenen eingeleitet worden. Resultat wird lediglich eine weitere hohe Anzahl an Überstunden sein, über die sich die eingesetzten Polizisten bzw. ihre Gewerkschaften zu Recht in regelmäßigen Abständen öffentlich beschweren.

Die Fanhilfe Hannover gibt die Hoffnung nicht auf, dass irgendwann auch der letzte verantwortliche Polizist erkennen wird, dass man die Überstunden ganz einfach senken kann, in dem man sinnlose und personalintensive Maßnahmen gegen Personengruppen, von denen keinerlei Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgeht, schlicht nicht ergreift. Des Weiteren nährt die Beauftragung der längerfristigen Observation durch den hannoverschen Polizeivizepräsidenten Jörg Müller die Wahrnehmung, dass sich Deutschland immer mehr zu einem Polizei- und Überwachungsstaat entwickelt.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Fanhilfe Hannover den Betroffenen hilft, mit allen zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln gegen die Maßnahmen vorzugehen.



 

Montag, 11. Dezember 2017

Hannover 96 missachtet Unschuldsvermutung

Am 11.12.2017 teilte Hannover 96 mit, dass 36 Mitglieder mit sofortiger Wirkung aus dem Verein ausgeschlossen werden. Die Betroffenen sollen Teil einer Gruppe gewesen sein, die Mitte letzten Jahres von der Polizei in Hildesheim in Gewahrsam genommen worden war. Begründet wird der Vereinsausschluss mit einem vermeintlichen Verstoß gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung und vereinsschädigendem Verhalten. Die Fanhilfe Hannover stellt fest, dass beide Begründungen nicht zutreffen.

Vereinsschädigendes Verhalten liegt nicht vor, da ein strafrechtlich irrelevanter Vorfall, der sich abseits einer Veranstaltung des Vereins und ohne Bezug zu diesem ereignet, den Verein nicht schädigen, insbesondere nicht seine gemeinnützigen Zwecke gefährden kann. Die Verdachtsmomente stützen sich auf einen Vorfall, bei dem es bis heute keine Beweise für eine angestrebte Auseinandersetzung gibt, da sich erwiesenermaßen keine gegnerischen Fans in der Nähe aufhielten oder in Anreise befanden. Aus diesem Grund wurden von der zuständigen Polizeibehörde auch keinerlei Ermittlungsverfahren, zum Beispiel wegen Landfriedensbruchs oder versuchter Körperverletzung, eingeleitet. „Mittelbar wirkt die Unschuldsvermutung als Ausfluss des verfassungsrechtlich normierten Rechtsstaatsprinzips auch in privatrechtlichen Beziehungen, wie dem Vereinsrecht, fort. Gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen sowie, im Übrigen zweifelhafte, privatrechtliche Strafmaßnahmen wie ein Stadionverbot des DFB können diese Vermutung nicht außer Kraft setzen,“ so eine Juristin der Fanhilfe. Der Vorstand des Hannoverschen Sportvereins nimmt mit seiner Entscheidung Abstand von der Unschuldsvermutung. Erst kürzlich hatte die Fanhilfe bezugnehmend auf die Unschuldsvermutung gefordert, von einem Vereinsausschlussverfahren gegen den Vorstandsvorsitzenden Martin Kind abzusehen.

Außerdem liegt kein Verstoß gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung vor. Ein solches Verhalten ist das Unterstützen von Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, Handlungen gegen die Bundesrepublik Deutschland, die Behinderung der Amtsausübung der Organe oder die Gefährdung auswärtiger Belange der Bundesrepublik. Insbesondere die in § 9 Nr. 4a aufgeführten Regelbeispiele mit Bezug auf rechtsextreme Gesinnungen weisen darauf hin, dass sich der Ausschlussgrund des § 9 Nr. 4a auf eben solche politisch motivierten Verstöße bezieht, nicht jedoch auf gefahrenabwehrrechtliche Polizeimaßnahmen, denen die Vermutung eines politisch nicht motivierten Gewaltdelikts zugrunde gelegt wurde.

Insbesondere strafrechtlich nicht geahndetes Verhalten kann keine Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung darstellen. § 9 Nr. 4a der Satzung des Hannoverschen Sportvereins kann nicht über seinen Wortlaut hinaus gedeutet werden, sodass schlichtes gewalttätiges oder gewaltähnliches Verhalten in den Anwendungsbereich der Satzung fiele.

Die Fanhilfe Hannover kündigt rechtliche Schritte gegen die Maßnahmen des Vorstands an.

Erinnern möchte die Fanhilfe auch an die Fälle der drei A-Jugendlichen von Hannover 96, die wegen eines geplanten Raubüberfalls verurteilt wurden, an Altin Lala, der wegen Bestechung verurteilt wurde und an das Mitglied des Ü50-Teams von 96, der wegen Körperverletzung verurteilt wurde. In allen drei Fällen gab es unseres Wissens keinen Vereinsausschluss geschweige denn ein solches Verfahren, obwohl sogar rechtskräftige Verurteilung vorlagen. Völlig zurecht, wie wir anmerken möchten, da ein soziales Geflecht, wie es das Vereinswesen zweifelsohne darstellt, elementar wichtig für die Resozialisierung verurteilter Straftäter ist.

Donnerstag, 7. Dezember 2017

Vereinsausschlussverfahren gegen Martin Kind eingeleitet!

So oder ähnlich könnte eine aktuelle Schlagzeile lauten. Martin Kind sieht sich nach anonymen Anzeigen mit dem Vorwurf der Untreue konfrontiert. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft, ob ein hinreichender Anfangsverdacht besteht, um ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können. Nach letzten Medienberichten wurden bereits per richterlichem Beschluss Unterlagen beschlagnahmt. Laut §9 Absatz 4 der Satzung des Hannoverschen Sportvereins von 1896 e.V. kann ein Ausschluss aus dem Verein durch Vorstands- oder Ehrenratsbeschluss erfolgen. Ein Grund kann unter anderem grob vereinsschädigendes Verhalten sein. Ein Vereinsausschlussverfahren kann von jedem Mitglied beim Ehrenrat angeregt werden. Der Ehrenrat muss aber nach §17 Absatz 4d bereits von sich aus tätig werden, „wenn ihm vereinsschädigendes Verhalten bzw. Satzungsverstöße von Mitgliedern oder Organmitgliedern bekannt werden.“ Nach §17 Absatz 4e darf der Ehrenrat Mitglieder, die im Verein ein Ehrenamt innehaben, wie bspw. Martin Kind als Vorstandsvorsitzender, bis zu einer endgültigen Klärung der Vorwürfe vorübergehend von ihren Aufgaben entbinden. Soweit zur grauen Theorie.

Die Fanhilfe Hannover sieht derzeit allerdings weder eine Veranlassung die Einleitung eines Vereinsausschlussverfahrens gegen Martin Kind oder andere Mitglieder des Vorstandes oder Aufsichtsrates des Hannoverschen Sportvereins zu beantragen, noch bestünde nach unserer Ansicht für den Ehrenrat ein Grund, Martin Kind vorübergehend von seinen Aufgaben bei 96 freizustellen.

Für die Einleitung eines solchen Verfahrens bedarf es grundsätzlich der VORHERIGEN Prüfung und Ermittlung der Vorwürfe durch eine unabhängige, staatliche Ermittlungsbehörde und ggf. der ABSCHLIEßENDEN juristischen Klärung in Form eines ordentlichen Prozesses durch ein unabhängiges Gericht. Bis dahin gilt ein elementares Prinzip unseres Rechtsstaates, das für uns als Fußballfans ebenso gelten muss, wie für Martin Kind als erfolgreichen Hörgeräteunternehmer und Multimillionär – die Unschuldsvermutung.

Diese geht hervor aus Art. 11 Abs.1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948:

„Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.“ Dieser Grundsatz hat auch in der deutschen Verfassung Niederschlag gefunden.

Wir fordern also, dass Martin Kind als unschuldig angesehen und auch so behandelt wird, bis ggf. das Gegenteil ermittelt und bewiesen wurde. Nichts anderes gebieten Recht und Gesetz, ebenso wie Vernunft und Anstand. Und nicht mehr aber auch nicht weniger fordern wir für JEDE Person, die sich aktuell mit einem Vereinsausschlussverfahren oder einem Stadionverbot konfrontiert sieht. Auch diese Personen wurden in so gut wie allen Fällen nicht von einem ordentlichen Gericht für schuldig gesprochen, da es in den meisten Fällen nicht mal ein Strafverfahren gibt. Somit gilt auch für diese Personen die Unschuldsvermutung!

Montag, 4. Dezember 2017

Was tun bei einer Beschuldigtenvorladung?

Dass man als Beschuldigter das Recht hat, zu Schweigen, ist den meisten Betroffenen bekannt. Für Verwirrung sorgt dann aber oft ein Hinweis auf der Beschuldigtenvorladung, den wir anhand einer verwendeten Formulierung der Bundespolizeidirektion Hannover besprechen wollen.

In der Vorladung heißt es:

„Sollten Sie zum oben genannten Termin verhindert sein, bitte ich Sie um eine telefonische oder schriftliche Mitteilung an die oben genannte Dienststelle.“

Solltet ihr an dem Termin verhindert sein beziehungsweise ihn nicht wahrnehmen (dazu später), könnt ihr natürlich so freundlich sein und absagen. Müsst ihr aber nicht. Kann man auch gut sein lassen.

Weiter heißt es:
„Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass andernfalls – wenn Sie zu dem angegebenen Termin nicht erscheinen – nach der geltenden Rechtslage unterstellt werden kann, dass Sie von Ihrem Recht, zu der Beschuldigung Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch machen wollen. Diese Entscheidung steht Ihnen frei. Sie sollten jedoch berücksichtigen, dass Ihnen vor dem Abschluss der Ermittlungen nicht nochmals Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden muss, auch nicht durch einen Staatsanwalt oder einen Richter.“

Auf den ersten Blick klingt es also, als ob die Nichtwahrnehmung des Termins negative Konsequenzen für euch haben könnte. Das ist jedoch so nicht richtig.

Als Beschuldigte habt ihr das Recht zu Schweigen. Unter Strafverteidigern sagt man sogar, dass Schweigen das „schärfste Schwert der Verteidigung“ ist. Zwar ist die Polizei verpflichtet, sowohl be-, als auch entlastende Tatsachen zu ermitteln. In der Realität sieht das aber oft anders aus. Die erste Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei lohnt sich, außer in absoluten Ausnahmefällen, nicht. Wenn überhaupt solltet ihr euch erst nach erfolgter Akteneinsicht und nach Rücksprache mit einem Strafverteidiger äußern. Von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch zu machen ist also auf keinen Fall etwas schlechtes.

Auch der Passus, dass euch als Beschuldigtem nicht mehr die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muss, ist irreführend.
Es stimmt, dass euch während des Ermittlungsverfahrens keine Gelegenheit gegeben werden muss. Allerdings könnt ihr euch jederzeit selbständig äußern, euer Anwalt kann ein Schreiben verfassen, ihr könnt sogar unangekündigt auf der Wache auftauchen und Angaben zur Sache machen. Das Ermittlungsverfahren ist auch nur der Beginn eines Strafverfahrens, auf das weitere Verfahrensphasen folgen.
Ihr habt vor Erhebung der Anklage erneut Gelegenheit zur Stellungnahme, genau so in der Hauptverhandlung so wie bei Einstellungen oder Strafbefehlen. Das Recht auf rechtliches Gehör ist national und auch europarechtlich festgeschrieben und ein sehr wichtiges Recht, dass euch nie genommen werden kann.

Es ist also völlig wurst, ob ihr zur Beschuldigtenvernehmung auftaucht – Schweigen kann euch nicht nachteilig ausgelegt werden.
Solltet ihr also eine Vorladung bekommen bleibt cool, meldet euch bei uns und besprecht dann das weitere Vorgehen.
Diese Ausführungen gelten aber nur für Vorladungen der Polizei! Zu Hauptverhandlungen vor einem Strafgericht müsst ihr zwingend erscheinen!

Etwas anders liegt der Fall bei einer Vorladung als Zeuge. Seit August 2017 gibt es in Bezug auf Zeugenvorladungen eine Gesetzesänderung.
Bisher wart ihr als Zeugen nicht verpflichtet, zu einer Zeugenvernehmung zu erscheinen. Verpflichtend war es allenfalls, bei einer Aussage die Wahrheit zu sagen.

Es wurde nun aber zur „effektiveren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ eingeführt, dass die Staatsanwaltschaft anordnen KANN, dass ihr zur Zeugenvernehmung bei der Polizei erscheinen MÜSST.
Solltet ihr also eine Zeugenvorladung erhalten und seid euch nicht sicher, ob ihr zum Erscheinen verpflichtet seid, meldet euch bei uns.