Dienstag, 19. April 2016

Die Wirrungen des Boris Pistorius'

Wie man einer dpa-Meldung und einem Artikel der Neuen Osnabrücker Zeitung entnehmen kann, möchte der niedersächsische Minister für Inneres und Sport einen "Fußballgipfel" einberufen, dessen Teilnehmer noch nicht bekannt sind. Vermeintliches Ziel soll sein, eine Definition von 'Fankultur' zu finden, die Herrn Pistorius genehm ist. Nicht genehm sind ihm laut übereinstimmenden Berichten Pyrotechnik und laut dpa-Meldung "Choreographien mit großen Schwenkfahnen" (sic!). Er behauptet, dass aktuell der Begriff der 'Fankultur' ausschließlich von Ultras und Fangruppen definiert würde.

Über Sinn und Unsinn dieser Aussagen wollen wir uns gar nicht weiter auslassen. Jeder interessierte Fußballfan, der regelmäßig Fußballspiele besucht, wird diese realitätsfernen Gedankengänge schon einzuordnen wissen. Interessanter ist, warum Herr Pistorius sich berufen fühlt, sich erneut in Themen des Fußballs einzumischen. Liegt es wirklich daran, dass es in der kommenden Saison wieder zwei Derbys geben wird? Oder liegt es vielleicht daran, dass es ihm und seiner untergebenen Polizei nicht in die Argumentationslinie passt, dass die Kennzahlen zu Fangewalt in Niedersachen deutlich zurückgegangen sind und sich die Polizei somit eigentlich selbst fragen müsste, ob es wirklich nötig ist, weiter in übermäßiger Stärke bei völlig unkritischen Spielen aufzutreten? Aus unserer Sicht beabsichtigt Herr Pistorius durch diese populistischen Aussagen und Maßnahmen alle Fußballfans weiteren Repressionen, Drangsalierungen und Überwachungen auszusetzen. Sollte er dieses schaffen, wird er tatsächlich irgendwann eine Atmosphäre wie bei den L.A. Dodgers schaffen: Ein komplett kommerzielles Event, bei dem der Konsum im Vordergrund, der Sport an sich hingegen häufig nur im Hintergrund steht und bei dem es quasi keine Fangesänge, geschweige denn Choreographien geben wird.

Vor diesem Hintergrund möchten wir die tatsächlich Beteiligten am Fußball, also vor allem die Vereine und Verbände, aber auch die Medien davor warnen, auf den populistischen Zug von Politik und Polizei aufzuspringen, und sie auffordern, sich sachlich und realitätsnah mit dem Thema 'Fankultur' zu beschäftigen. Herrn Pistorius möchten wir hingegen darum bitten, sich um die wichtigen Themen und Probleme des Landes zu kümmern. Der Fußball gehört mit Sicherheit nicht dazu. Die Fankultur selbst, dies legt schon der Wortlaut nahe, gehört in erster Linie einen: den Fans.