Montag, 19. Oktober 2015

"Nahrungsmittelsperre" beim Auswärtsspiel in Köln

Das gestrige Auswärtsspiel in Köln bot mal wieder allerlei Anlass, verwundert zu sein. Nach ereignisloser Anreise auf den regulären Wegen in Regionalzügen und einem (im Fanblock) ereignislosen Spielverlauf wurden die hannoverschen Fans in einer Sonderbahn vom Stadion zum Bahnhof Köln Messe/Deutz gebracht. Am Bahnhof wurde den Fans sowohl der Aufgang zum Gleis versperrt, als auch das freie Bewegen im Bahnhof selbst untersagt, so dass die Gruppe sich zunächst eingekesselt im Bahnhofstunnel befand, später das Gleis nicht mehr verlassen durfte. Es war den Betroffenen nicht möglich, sich in den im Bahnhof befindlichen Geschäften mit Getränken und Nahrungsmitteln für die noch mehrere Stunden dauernde Rückfahrt zu versorgen oder Toiletten zu benutzen. Auch wurde Personen, die ihr Gepäck in Schließfächern im Hauptbahnhof untergebracht hatten, die Möglichkeit verwehrt, sich zum Hauptbahnhof zu begeben.

Mal wieder stellt sich in Anbetracht des ereignislosen und ruhigen Spieltags die Frage der Verhältnismäßigkeit solcher Maßnahmen. In welchem Maße die Verweigerung der Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse für Reisende, die seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen sind, einer deeskalierenden Einsatzstrategie zu Gute kommt, erschließt sich uns nicht. Der Einsatz solcher Maßnahmen scheint Methode zu haben, um eine Eskalation der Situation immer wieder zu befeuern. Es scheint sogar gewollt zu sein, dass die Betroffenen sich den polizeilichen Anweisungen und Maßnahmen entziehen, um zumindest ein Mindestmaß an Versorgung sicher zu stellen. Wie auch sonst sollten ruhige Tage zur Begründung immer weiterer Repressionen und härterer Maßnahmen herangezogen werden? Unvorstellbar das Szenario, dass es tatsächlich Spieltage gibt, an denen es absolut keinen Anlass zum Eingreifen der Polizei gibt.
Höhepunkt des gestrigen Tages war die Aussage eines leitenden Beamten, die Gruppe unterläge nun einer "Nahrungsmittelsperre" - ein Begriff, der uns bisher nur als Mittel der Kriegsführung bekannt war. In welchen sicherheitsfanatischen Katastrophenszenarien sich deutsche Polizisten mittlerweile befinden, kann mit dem Verstand eines Normalbürgers wohl nicht mehr erfasst werden.

Für uns bedeutet das, dass eine Kooperation mit den Einsatzkräften weiterhin unmöglich bleibt. Kompromisse oder widerstandslose Hinnahme dieser Maßnahmen kann es unter diesen Umständen auch in Zukunft nicht geben. Die von der Polizei als "konspirativ" bezeichnete An- und Abreise  wird auch zukünftig nötig sein, um die rechtmäßigen Grundbedürfnisse eines jeden erfüllen zu können.
Die Fanhilfe Hannover prüft zur Zeit eine Strafanzeige gegen den Einsatzleiter.